Gemeinsamkeiten Teil 2

5 Jahre später

Die Zeit war vergangen wie im Flug.
Bei ihm hatte sich nicht viel verändert.

Gleicher Arbeitgeber, gleicher Arbeitsplatz, gleiche Arbeit. Naja beruflich hatte sich nicht viel verändert. Sie lebten nun getrennt. Es hatte einfach nicht geklappt. wie denn auch, wenn man nicht mehr miteinander redet. Es hatte zwischendurch noch ein- zweimal ein Aufbäumen gegeben, ein Versuch aus diesem Todeskreis zu entkommen, aber irgendwie hatten sie ihre Beziehung wohl doch nicht so sehr retten wollen und somit ihre Beziehung auf dem Abstellgleis auslaufen lassen. Sie hatte ihm Zettel geschrieben und hingelegt und so mit ihm kommuniziert, während er immer mit dem Telefonbeantworter gesprochen hatte, da sie sowieso nicht ans Telefon ging. Wenn er sie darauf ansprach, wieso sie nicht ans Telefon ging, war ihre Antwort immer, dass es am Funktelefon, von wegen der Strahlung und so sei, aber auch nachdem er ein normales Telefon gekauft hatte, hatte sich nichts geändert.So ein Unsinn.Sie wollte einfach nicht abnehmen und mit ihm sprechen, wie ihm nach ein paar Klärungsgesprächen klar geworden war und er das Thema dann einfach sein liess. Und die Sache mit den Zetteln hatte sie eingeführt, da sie ihn sonst gar nichts sagen konnte, wenn er so früh aus dem Haus ging und erst spät Abends, wenn sie schon schlief zurück kam. An den Wochenenden war es jeweils umgekehrt gewesen und sie ging früh am Morgen aus dem Haus um irgendwelche Freundinnen zu treffen und um dann spät abends erst wieder zurück zu kehren. Er hatte sich dran gewöhnt gehabt und hätte wohl noch weiter so gelebt, aber irgendwann hatte sie angefangen sich komisch zu benehmen, war öfters auch unter der Woche weg und zum Teil nicht Mal nach Hause gekommen zum Schlafen. Der Schlussstrich war vor einem Jahr gekommen.

Per Post.
Eingeschrieben.
Und sie hatte den Brief nicht abgeholt, wie sie es sonst immer tat. So war er am Samstag aufgestanden, hatte gesehen, dass sie in der Nacht nicht da gewesen war, sich zur Post begeben und das Einschreiben abgeholt. Von einem Anwalt, hatte er festgestellt, als er sich den Absender angesehen hatte. Das Schreiben gefüllt mit Rechtsblabla mit dem eigentlich einfachen Inhalt, dass sie sich von ihm scheiden liess.

Irgendwie hatte es ihn doch geschockt.
Da er den den Gedanken daran immer verdrängt hatte.
Ein Jahr war es her, seit der Schlussstrich gezogen worden war.
Schön getrennt, alles aufgeteilt, das Leben auseinandergerissen.
Er war ihr einmal noch zufällig über den Weg gelaufen. Sie hatte ihn nicht bemerkt, aber er sie, als sie mit diesem jungen Schnösel am Arm an ihm vorbei spaziert war. Sie hatte gut ausgesehen und auch er war elegant gekleidet gewesen. Er hatte sich nur gefragt, ob sie nun ans Telefon ging oder auch diesen Ausgang mit ihm per Zettel geplant hatte.
Als sich ihre Wege trennten, war es ihm egal gewesen, wohin sie ging, was sie machte und wie es ihr ging.

Er hatte es abgehakt. Sie, das Leben mit ihr und sein Interesse für sie. Einfach alles.
Hatte sein Leben weitergelebt, mit ein paar kleinen Veränderungen.
Aber wie eh und je war er das Arbeitstier, interessiert am Forschen und Eintauchen in die Arbeit.

Es war tief in der Nacht. Wieder einmal, eigentlich immer, wenn er am Arbeiten war.
Er fühlte die Müdigkeit, Erschöpfung und seine trockenen Augen, welche er durch intensives Reiben befeuchten wollte. Ein paar Vitamine oder etwas ähnlich Belebendes würden ihm jetzt gut tun. Er zog seine Schublade unter dem Pult auf und da rollte plötzlich von hinten eine kleine Flasche hervor. Es sah so aus, als ob sich darin ein Nebel weiter bewegen würde, gleichmässig, so wie sich die Flasche bewegt hatte. Er holte die Flasche aus der Schublade und betrachtete sie unter einem Stirnrunzeln, da er sich nicht mehr sicher war, woher sie stammte.

Gleich einer fünfjährigen Amnesie, in dessen schwarzen Loch alles verschwunden war, um nun einem Phoenix gleich aus der Asche der Vergessenheit wieder in seinem Verstand aufzutauchen und die Erinnerung heller denn je brennen zu lassen um ihn an alles zu erinnern.

Sie.
Ihr Geruch.
Wie sie sich bewegt hatte.
Wie sie mit ihm gesprochen hatte.
Ihr Verschwinden gleichsam ihrem mysteriösen Auftauchen.
Er hatte sie danach nie mehr gesehen. Sie war im ganzen Unternehmen nicht mehr aufzufinden gewesen.
Aber es schien, als ob sie niemand vermisste oder sich an sie erinnern konnte.

Er stellte die Flasche vor sich hin und sah staunend dem, sich immer noch bewegenden Nebel, im Innern der Flasche zu. Er war schon seit der Kindheit von mysteriösen Sachen fasziniert gewesen. Neugierig, forschend, sie auseinander zu
nehmen und logisch verstehen zu können.

Er konnte dem Drang nicht widerstehen und musste die Flasche öffnen, um zu sehen, was sich darin wohl befand. Mit leichtem Druck gelang es ihm, die Flasche, unter einem leichten Plop, zu öffnen.
Er roch einen leichten betörenden Duft. Irgendwie wie eine Frucht, aber nicht zu stark, als ob der Inhalt verdünnt worden war. Er konnte den Geruch nicht genau zuweisen. Der Nebel in der Flasche verdünnte sich und gab den Blick auf eine darunter liegende Flüssigkeit frei. Er konnte sich nicht zurück halten und musste probieren. Hob die Flasche zu seinem Mund hoch und hielt sie sich an die Lippen. Während die ersten Tropfen über seine Zunge und die Kehle herunter liefen, nahm er wahr, dass die Flüssigkeit erfrischend und doch auf eigenartige Weise ölig war.
Die Flasche war zu schnell leer gewesen. Er stellte sie vor sich hin und beobachtete, dass der Nebel immer noch vorhanden war und sich sogar wieder verdichtete.
Eine unerwartete Schwere kam über ihn. Er konnte die Arme nicht mehr heben und der Kopf sank ihm auf die Brust.
Musste die Überarbeitung sein, dachte er sich. Ein leises Klicken ertönte und aus den Augenwinkeln sah er, dass sich die Türe zu seinem Büro öffnete. Er war zu schwach, um den Kopf zu heben und es sich direkt anzusehen. Aber er nahm ein raschelndes Geräusch wahr. Roch einen betörenden Duft.
Ja sie war es, er war sich darüber sicher. Aber was wollte sie hier? Was wollte sie von ihm?
Sie trat ganz nahe an ihn heran, beugte sich zu seinem Gesicht herunter und hielt seinen Kopf, so dass er in ihre Augen sehen konnte. Sie sah noch genau so jung und gut aus, wie damals, hatte nichts von ihrer überheblichen, selbstsicheren und doch extrem anziehenden Art verloren, dachte er sich. „Brav ausgetrunken.“ Sprach sie ihn an, wie als ob sie einem unterwürfigen Hund einen Befehl gegeben hatte, welchen dieser exakt und wie ausgesprochen befolgt hatte. „Und nun halte ich mein Versprechen. Ich bin gekommen, wie ich es dir angekündigt habe. Nun bist du mein, hast akzeptiert dass du ganz alleine mir gehörst. Mir und meinen Kindern. Sie warten schon sehnsüchtig darauf dich kennen zu lernen. Wir haben etwas gemeinsam. Ich habe keinen Aufwand und keine Zeit gescheut um die perfekte Person zu finden. Du hast die gleiche Blutgruppe wie ich. Du hast die grösste Ähnlichkeit mit meiner DNA, wie ich sie seit langem nicht mehr gesehen habe. Aber nun ist es soweit. Lass uns ohne Umschweife loslegen“.
Mit diesen Worten spürte er plötzlich einen brennenden Schmerz in seinem Bauch und wollte schreien, konnte aber keinen Muskel bewegen um seiner Hölle Ausdruck zu verleihen.
Es brannte und füllte ihn.
Als er das Bewusstsein zurück erlangte, sah er sie immer noch vor sich stehen, konnte sich aber immer noch nicht bewegen. Egal wie er sich auch anstrengte, es klappte einfach nicht.
Sie bewegte ihre Hände vor seinem Körper so schnell hin und her, dass er nur noch Schemen wahrnehmen konnte. Aber egal wo sich die Hände bewegt hatten, erschein ein weiches Flies, dass ihn zu umgeben, einzuwickeln und einzupacken schien. Sie arbeitete in einem Tempo, wie er es noch nie von einem Menschen gesehen hatte. Nur noch sein Gesicht lag frei.
Sie sah ihm nochmals mit diesem belustigendem Blick in seine Augen, um Sekunden später das Werk zu vollenden.
In dieser neuen Dunkelheit spürte er, dass sie ihn hochhob, als ob er nichts wiegen würde und davon trug.
Irgendwann später wurde er abgelegt. Danach war nichts mehr, für Minuten, Stunden, Tage, Wochen.

Er wusste es nicht. Vegetierte vor sich hin in dieser Dunkelheit. Manchmal bewusst, dann auch wieder nicht.
War irgendwie, wie in seiner Ehe, war sein letzter Gedanke, als seine Welt in Schmerzen explodierte und seinen Bauch und Körper aufbrachen.


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Kommentare

3 Antworten zu „Gemeinsamkeiten Teil 2“

  1. Avatar von ConnyD

    Ich wollte nur mal Hallo sagen. Ich lese jetzt bei dir schon einige Zeit mit. Deshalb: Hallo 🙂

    1. Avatar von admin

      Besser spät als nie:
      Hallo zurück 🙂

  2. Avatar von Amy

    Sehr interessant muss ich sagen 🙂 weiter so 🙂

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